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Unterwegs mit dem Jäger

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Das Hotel der Familie Augscheller trägt ihn ja schon im Namen: den Jäger. Wir begeben uns heute auf die Spuren der Jagd im Gebirge und treffen einen Jäger mit mehr als 40 Jahren Jagderfahrung. Welche Herausforderungen und Aufgaben stellen sich bei der alpinen Jagd rund ums Jahr? Hier kommen die spannenden Antworten.

Der Tiroler Sepp Schalber hat in vier Jahrzehnten Jagd allerlei erlebt und kann viele Geschichten erzählen. Zehn Jahre war er als Aufsichtsjäger und 20 Jahre als Jagdpächter tätig. Seine Leidenschaft gehört bis heute der Gamsjagd – aber dazu später. Was er gleich zu Beginn unseres Gesprächs betont: Die Trophäe ist nicht das Ziel des Jägers, es geht um die Gesunderhaltung des Wildbestandes und das Wohl jedes einzelnen Tieres.

Servus, Sepp! Bitte erzähl uns etwas über die Jagd im Gebirge – was unterscheidet die von der Jagd im Tal?

Die Jagd im Gebirge und Hochgebirge unterscheidet sich von den Voraussetzungen her ganz wesentlich von der in anderen Gebieten. Gebirgsjagden sind Tagesjagden, du bist viele Stunden zu Fuß unterwegs, da musst du körperlich schon sehr fit sein. Wichtig ist, dass du auch das Wetter berücksichtigst, du musst alles im Rucksack mitnehmen. Wenn das Wetter schlecht wird und du ohne Ausrüstung dastehst, kann das sehr gefährlich werden. Du musst die benötigte Zeit für den Hin- und Rückweg genau kalkulieren, bei einem Abschuss Bergung, Versorgung und Transport des Wildes mit einberechnen. Nicht zuletzt musst du genau überlegen, ob du in ein bestimmtes Gebiet überhaupt gehen kannst, wenn ein Wetterumschwung droht: Komme ich bei Regen oder Schnee sicher zurück? Die Jagd im Gebirge erfordert mehr Vorbereitung und fundiertes Wissen über das Verhalten am Berg. Eine ganz besondere Verantwortung bedeutet das, wenn man Jagdbegleiter mitnimmt, denn du kannst im Notfall nicht einfach mit dem Auto fahren.

Lieber Sepp, wie wichtig ist das natürliche Verhalten der Tiere für die Jagd am Berg?

Danke für die Frage, die ist sehr wichtig. Die Wildarten verhalten sich sehr unterschiedlich, das muss ich als Jäger sehr genau wissen und berücksichtigen. Beim Hirsch wartet man mit der Bejagung zum Beispiel bis zum Herbst, wenn er von selbst ins Tal kommt. Die Bergung eines so großen Tieres ist zu Fuß, ohne Auto, schlicht nicht möglich. Rehwild hat ein fixes Revier, hier kann der Jäger im Hochstand ansitzen und das Wild mit dem Auto transportieren. Das Gamswild ist eine ganz andere Nummer. Es ist im oft schwer zugänglichen Gelände und überall unterwegs. Der Jäger begibt sich auf die Pirsch, das heißt, er geht durch das Jagdgebiet und sucht die Tiere. Das ist oft nicht einfach, denn das Wild wittert den Menschen in 400 bis 500 Meter Entfernung, wenn der Wind entsprechend weht. Ein Unterschied ist auch, dass Reh und Kitz zu zweit, der Rehbock aber immer allein anzutreffen ist. Gämsen finden sich in Rudeln zu rund 30 Exemplaren zusammen, junge Gamsböcke bilden kleine Gruppen, alte Böcke sind allein.

Es gibt also innerhalb einer Wildart recht verschiedene Lebensformen – in der Kleingruppe, im großen Rudel und allein. Sind Wildtiere „sozial“?

Dazu eine interessante Geschichte zum Gamswild: Geißen und Kitze bilden ein Rudel, das von einer Leitgeiß angeführt wird. Die jungen, weiblichen Gämsen, die selbst noch keine Kitze führen, wechseln sich bei der Beaufsichtigung des Nachwuchses ab, es gibt einen sogenannten Kindergarten. Erst wenn die Leitgeiß einen lauten Pfiff abgibt, laufen die Kitze zu ihren Müttern und werden gesäugt. Ich habe auch schon beobachtet, dass junge Böcke von einer ein Jahr älteren Geiß ermutigt wurden, einen Steilhang zu überqueren. Sie hat es ihnen vorgemacht und sie ermutigt, ihr zu folgen. Ein anderes Mal habe ich beobachtet, wie ein Adler ein Gamskitz schlagen wollte. Die Muttergeiß hat das Kleine mit ihrem Gehörn, den Krucken, verteidigt und diese in den Adler gebohrt. Reh- und Rotwild hat kein derart ausgeprägtes Sozialverhalten, da läuft das etwas anders.

Jetzt hast du schon des Öfteren von Abschuss gesprochen. Warum und nach welchen Kriterien wird Wild in den Alpen geschossen?

Zunächst ist es wichtig zu wissen, dass der Abschuss nur den allerkleinsten Teil der jagdlichen Arbeit darstellt. Die Hege des Bestandes, das Ausbringen von Salzlecken und Futter und das Vermeiden von Krankheiten innerhalb einer Population ist das Wichtigste. Warum wird Wild geschossen? Zum einen natürlich, weil Menschen Wild essen wollen. Aber es gibt noch viele andere Gründe. Selbst die Hochalpen sind heute bewirtschaftet, der Mensch greift tief in den natürlichen Lebensraum des Wildes ein, der Lebensraum der Tiere ist begrenzt. Wird die Anzahl einer Population zu hoch, entsteht Stress und dieser verursacht Krankheiten. Außerdem fehlen natürliche Feinde, die schwache und kranke Tiere als Nahrung nützen. Die Aufgabe von Wolf und Bär übernimmt in diesem Fall der Jäger. Er muss wissen, wie viele Gämsen die Äsungsflächen im Hochgebirge vertragen. Er ist auch verantwortlich, das Rot- und Rehwild derart mit Futter zu versorgen, dass das Wild nicht in den Wirtschaftswald geht und dort schwere Verbissschäden verursacht. Ich muss als Jäger für das Gleichgewicht aller Interessen sorgen – die des Wildes, des Försters und des Waldbauern.

Wie vermehrt sich eine Population und welche natürlichen Feinde gibt es überhaupt noch?

Beim Rehwild ist der Schlüssel 1:1,5, beim Gamswild 1:1. Zudem überleben 50 Prozent der Gamskitze den ersten Winter nicht. Beim Auerhahn und Birkwild wird die Hälfte der Küken von Fuchs, Marder und Adler geholt. Aufgabe des Jägers wiederum ist es, die kranken und schwachen Tiere, die den Winter nicht überleben und leiden werden, im Herbst zu entnehmen, dasselbe noch einmal im Frühling. Ein neuer „natürlicher“ Feind des Wildes sind rücksichtslose Menschen, die auf Skiern oder Schneeschuhen ins winterliche Rückzugsgebiet eindringen und enormen Stress verursachen. Bei der Flucht verlieren die Tiere wichtige Energie, die sie zum Überleben in Schnee und Eis brauchen. Der Tod ist oftmals die Folge unbedachten menschlichen Verhaltens!

Wie kannst du erkennen, wie alt ein Wildtier ist?

Als Jäger kenne ich die Tiere in meinem Revier, auch die Erfahrung lehrt, das Alter eines Stückes richtig einzuschätzen. Reh- und Rotwild werfen das Geweih jedes Jahr ab, da erfolgt die Altersbestimmung über die Zähne. Gams und Steinbock tragen Hörner, die jedes Jahr wachsen und Jahresringe bilden. Die zählst du einfach ab und weißt, wie alt das Tier ist.

Was bedeutet es für dich, die Tiere in den Alpen zu beobachten?

Das ist für mich das Allerschönste, wenn ich sehe, dass der Bestand gesund ist, die Jungen aufwachsen, man bestimmte Exemplare über Jahre hinweg begleiten kann. Was ich sehr liebe, ist die Beobachtung von Auerhahn und Birkwild. Der Auerhahn hält sich immer an bestimmten Stellen im Revier auf, er balzt am Baum oder am Boden und singt dabei immer eine bestimmte Strophe, während er seine Federn weit spreizt. Nach einer Strophe macht er eine Pause, während der er nichts hört, in den paar Sekunden kann der Jäger sich annähern! Will man Birkhähne beobachten, muss man schon um vier Uhr morgens vor Ort sein, denn sie singen, wenn es hell wird. Das sind die ganz besonderen Momente. Nicht der Abschuss, die Freude am Beobachten ist hier das Ziel.

Lieber Sepp, danke für das interessante Gespräch!

Wenn Sie jetzt mehr über die alpine Jagd erfahren wollen, sind Sie im Südtiroler Landesmuseum für Jagd und Fischerei, nur wenige Fahrminuten vom Hotel Jägerhof, genau richtig:

Schloss Wolfsthurn
Mareit, Kirchdorf 25, Ratschings
Tel.: +39 0472 758121
Geöffnet 1. April bis 15. November,
Di – Sa von 10:00 – 17:00 Uhr,
So, Feiertage von 13:00 – 17:00 Uhr
Internet: www.wolfsthurn.it

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